Das Trollinger am Feuersee im neuen Look
Adieu, Schwarzwald-Style. Ugur Ceyhan hat sein Restaurant Trollinger am Feuersee in S-West umgebaut. Wir haben ihn besucht.
Das Altern ging beim Trollinger etwas schneller, als es das für gewöhnlich tut. „Wir sind jedes Jahr fünf Jahre älter geworden. Das war nicht mehr normal“, sagt Ugur Ceyhan. Heißt: Er fand selbst irgendwann, dass sein schwäbisches Restaurant am Feuersee nicht mehr zeitgemäß war. Dazu kommt noch, die Konkurrenz schläft ja auch nicht. Gefühlt jede Woche machten zig neue Lokale in Stuttgart auf, sagt er. Viel Systemgastronomie ist darunter, große Ketten, die es in jeder Stadt gibt. Die alle gleich aussehen, das Essen ist oft eher Durchschnitt. Ceyhan, 41, hält davon eigentlich nicht viel. Aber man muss eben auch erst einmal mithalten können als einzelner Gastronom.
Das Feuerseeufer ist vor einiger Zeit umfangreich verschönert worden. Abends sitzen da plötzlich viele Leute am Wasser und genießen das Leben. „Das ist wunderschön geworden. Da will ich mithalten“, sagt Ceyhan. Damit es schön bleibt, gebe er nur Gläser raus, kein Einwegzeugs. „Da können die anderen Gastronomen ruhig auch noch mit darauf achten, dass der Feuersee so schön bleibt“, sagt Ceyhan. Er ist eher ein Freund der direkten Art.
Damit es auch bei ihm schön ist, hat er nun einen Haufen Geld investiert und neun Wochen lang geackert. „Tag und Nacht“, behauptet er. „Ich habe da viel Herzblut reingesteckt.“ Davor habe er noch drei Haare auf dem Kopf gehabt. „Die sind mir jetzt auch voll ausgefallen“, sagt der Mann, der eigentlich schon immer eine Glatze hatte. In der Bauzeit hatte er hinten im Hof einen Foodtruck aufgebaut.
Trotzdem, der Stress habe sich für ihn gelohnt, meint er. Er hat eine Bar eingebaut in sein Lokal, das Nebenzimmer ist nun nur noch durch eine Glaswand abgetrennt und im vorderen Bereich hat er die Fenster so ausgetauscht, dass die Gäste nun einen direkten Blick auf den Feuersee haben sollen. „Das soll so sein, dass wenn man drinnen sitzt, es ist, wie wenn man draußen sitzt“, sagt Ceyhan. Auf seinen Befehl hin muss sich sein Gast einmal dahin setzen und sich überzeugen lassen. Ja, man sieht wirklich auf den Feuersee, bestätigt man ihm. Sein ganzer Stolz ist aber ein „Dry Ager“, ein Kühlschrank für die Fleischreifung, in dem zwei ordentlich große Stücke vom Rind hängen.
Auch die Küche will er noch zeigen. Alles sei bei ihm selbst gemacht. Von Hand. Das betont der Gastronom mehrmals. Was es in der Region gebe, besorge er auch in der Region. Der Salat sei selbst geschnitten und nicht aus der Packung, die Kartoffeln schälen seine Mitarbeiter ebenfalls natürlich selbst – was dann tatsächlich auch stimmt. „Hausmannskost und regional“ – das sei sein neues Motto. Auch das betont Ceyhan gleich mehrmals. „Damit du das nicht vergisst“, sagt er noch dazu. Tiefkühlkost habe er komplett raus geworfen aus seinem Restaurant. „Das habe ich auf null reduziert, wirklich.“
Die Speisekarte hat er um Wiener Schnitzel mit Rösti oder Kartoffelsalat ergänzt. Das brauche ein schwäbischer Wirt. „Bier, Schnitzel, Steaks – das ist Deutschland“, sagt Ceyhan. Inspirationen für den ganzen Umbau und den neuen Look habe er sich auf einer Reise in New York geholt. Da war er mit seiner Tochter. „Cool, gechillt und weltoffen“ – das sei New York. Da hinken die Deutschen aus seiner Sicht noch um 200 Jahre hinterher. Warum? Weil ihm immer wieder die Frage gestellt wird, ob ein Türke wirklich schwäbisch kochen, wirklich ein echtes schwäbisches Lokal besitzen kann. Er glaubt, es brauche hierzulande noch fünf bis sechs Generationen, bis es normal ist, dass ein türkischstämmiger Schwabe Spätzle schaben kann.
Dass er ständig gefragt wird, wo er herkommt, das kann er ebenfalls längst nicht mehr hören. An der Wand hängt eine Großaufnahme aus Stuttgart in Schwarz-Weiß. Unten links steht das Logo einer örtlichen Biermarke: CD. „Das ist die Abkürzung für Ceyhan Deutschland“, behauptet der Wahlschwabe grinsend und preist noch einmal sein Wiener Schnitzel an, das im Übrigen wirklich ausgezeichnet schmeckt. Die Spätzle hätten jedoch etwas mehr Salz vertragen können – aber da sind vielleicht auch nur echte Urschwaben spitzfindig.
Maultaschen, Spätzle, Rostbraten – die schwäbische Küche habe er sich „learning by doing“ angeeignet, erzählt er immer gerne. Eine schwäbische Oma habe er nicht vorzuweisen, nur schwäbische Pflegeeltern, bei denen er mehrere Jahre gelebt habe. „Ich liebe seitdem das schwäbische Essen“, sagt er. Ceyhan, längst integrierter Schwabe mit türkischen Wurzeln, ist ein lustiger Typ, der gerne frei heraus sagt, was er denkt, und vermutlich nicht nur jeden von seinem Wiener Schnitzel auf der Karte überzeugen kann, sondern wohl auch davon, dass man unbedingt noch irgendwie einen neuen Gebrauchtwagen braucht. Die hat er übrigens auch mal verkauft, damals, als er für zwölf Jahre mit seinen Eltern wieder in der Türkei lebte.
Mit 25 Jahren kam er zurück, hat 1999 im Trollinger als Kellner angefangen, mehrere Jahre war er dann auch Geschäftsführer, bevor er sich in Gerlingen mit einem eigenen Restaurant selbstständig machte. Als der damalige Besitzer ihm das Trollinger 2007 anbot, verkaufte er in Gerlingen über Nacht und übernahm am Feuersee das schwäbische Lokal, erweiterte um argentinische Rindersteaks.
In all den Jahren ist ihm das Restaurant nun zu behäbig geworden. „Die neue Generation mag den Schwarzwald-Style nicht mehr“, sagt Ceyhan überzeugt. „Wer das will, soll in den Schwarzwald gehen auf eine Skihütte“, ergänzt er und lacht.