Alte Post in Nagold schließt

Zu wenig Personal und Gourmetgäste: Wieder hat ein Traditionslokal seine Pforten geschlossen.  Die Alte Post in Nagold muss einmal mehr neu erfunden werden.

Es ist die logische Konsequenz einer Entwicklung, die sich seit dem Frühsommer abgezeichnet hat: Die Alte Post in Nagold schließt zum 1. November. Damit endet ein längeres Hin und Her, in dem versucht wurde, Gourmetküche in der zweitgrößten Stadt im Landkreis Calw zu etablieren. Stefan Beiter hat dem markanten Traditionshaus in der Fußgängerzone seit dem Frühjahr 2016 einen vermutlich letzten Höhenflug beschert, ausgezeichnet mit einem Michelin-Stern. Doch wegen Personalmangel – wie es heißt, stand Beiter mehr oder weniger alleine in der Küche – wurde der Gourmetbereich in der oberen Etage des Hauses bereits im Juni­ dieses Jahres geschlossen und der „Stern zurückgegeben“. Das Bistro Luz im Erdgeschoss öffnet an diesem Mittwoch zum vorerst letzten Mal – dann bleibt das gesamte Haus bis auf Weiteres geschlossen.

Weil es nicht die Mission eines Spitzenkochs sein kann, tagein, tagaus Flammkuchen, Cordon bleu und Risotto zu verkaufen, geht Beiter seiner Wege. Schließlich war er im Restaurant Esszimmer in Coburg seit 2009 ununterbrochen mit einem Stern des „Guide Michelin“ geehrt worden. Auch Restaurantleiterin Marina Hentsch war zuvor in Spitzenhäusern beschäftigt. Beide werden aller Voraussicht nach wieder eine angemessene Anstellung finden.

Ein Bild aus besseren Zeiten: Sarah Hillebrenner und Martin Göschel erweckten die Alte Post im Jahr 2014 zu neuem Leben.

Für Hans Nock, Sprecher der Eigentümergesellschaft der Alten Post, ist somit klar, dass dies das Ende der Gourmetexperimente in Nagold ist. „Man kann mit Sterneküche allein, ohne Hotel oder Sponsor im Hintergrund, einfach kein Geld verdienen“, sagt Nock. Anfang 2015 musste schon Martin Göschel nach einem grandiosen Start und nur einem halben Jahr als Pächter wieder aufgeben. Der hochdekorierte Koch war aus dem Schweizer Tophotel Paradies gekommen, holte aus dem Stand den Stern für die Alte Post und erzielte auch gute Auslastungszahlen. „Wir haben viel Umsatz gemacht, aber es ist zu wenig übrig geblieben“, sagte damals seine Partnerin Sarah Hillebrenner. Deswegen entschlossen sich die Eigentümer, eine Pächtergesellschaft zu gründen und den Nachfolger Ralf Ziener als Geschäftsführer anzustellen. Doch auch dieses Konzept ohne Sterneküche funktionierte nicht.

Stefan Beiter als Letzter nun in der neuen Reihe hob das kulinarische Niveau zwar wieder – vielleicht zu sehr. Denn abgesehen von Personalproblemen dürfte es in Nagold auch schwierig sein, eine Nachfrage für eine Gourmetkarte mit nur einem einzigen hochpreisigen Menü ohne Wahlmöglichkeiten zu schaffen.

Hans Nock sagt, nächste Woche treffe sich die Eigentümergesellschaft, um zu diskutieren, wie es mit der Alten Post weitergeht. Rund 50 Mitglieder, darunter Privatpersonen, Unternehmen und auch die Stadt Nagold selbst, hatten sich einst zusammengetan, um das wunderschöne, aber auch runtergewirtschaftete Haus aus dem 17. Jahrhundert „nicht verloren zu geben“ und nach dem Kauf mit neuem Leben zu füllen. Nach einigen Modernisierungen stehe die ehemalige Postkutschenstation von der Substanz inzwischen gut da, sagt Nock. Mit einer neuen Gastronomie wolle man sich Zeit lassen und strebe eine vernünftige, längerfristige Lösung an – dann vielleicht auch wieder mit einem eigenverantwortlichen Pächter.

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