Die Traditionsbäckerei bleibt in Familienhand

Was für eine Familiengeschichte! Während andere Bäckereien ohne Nachfolger schließen müssen, steht bei den Wanners die siebte Generation in den Startlöchern. Die Familie hat zudem in Gärtringen und in Nufringen die Läden der Bäckerei Noller übernommen.

In der Bäckerei und Konditorei Wanner auf dem Bloo in Holzgerlingen herrscht am späten Vormittag Hochbetrieb. Während sich die Kunden mit Zwetschgenkuchen oder schwäbischem Bauernbrot eindecken, ist auch in der Backstube im hinteren Teil des Gebäudes noch keine Ruhe eingekehrt. Hier kneten die Mitarbeiter immer noch große Mengen an Teig, der in einer Maschine in rechteckige Brötchen geteilt und anschließend von Hand in einer Mehl- und Körnermischung gewälzt wird – die Vorbereitungen für den kommenden Tag sind in vollem Gange.

Unter den Mitarbeitern ist auch der zukünftige Chef: Alexander Wanner steht, wie schon sein Vater und Großvater vor ihm, in der Backstube und schuftet mit. „Bei uns wird noch selbst gebacken“, sagt der 30-Jährige mit Stolz in der Stimme. Der junge Bäcker verarbeitet die Rohstoffe schonend und lässt seinem Teig außerdem viel Zeit – bis zu 48 Stunden darf er gehen. Dadurch bleibt das Brot länger frisch. Dieses aufwendige Handwerk ist in Zeiten der großen Bäckerei-Ketten und des Aussterbens von Traditionsbäckereien längst keine Selbstverständlichkeit mehr.

Auch ist es nicht mehr selbstverständlich, dass eine familiengeführte Bäckerei nun an die bereits siebte Generation übergeben wird. Die Geschwister Alexander Wanner und Lilian Kienzle wollen die Bäckerei von ihren Eltern Helmut und Ursula Wanner übernehmen. Ende des Jahres übernimmt Alexander Wanner offiziell als Geschäftsführer, seine Schwester arbeitet als Prokuristin mit im Betrieb und beaufsichtigt Verkauf und Marketing. „Es war eine bewusste Entscheidung, dass mein Bruder die Bäckerei als Geschäftsführer übernimmt“, erläutert Lilian Kienzle. Sie wolle sich mit ihm nie über Weckle streiten müssen. „Die gute Beziehung zu meinem Bruder ist mir wichtiger“, sagt die 33-Jährige. Natürlich gebe es bei ihnen auch Diskussionen und Uneinigkeiten, doch bei den wichtigen Entscheidungen begegne man sich auf Augenhöhe.

Einig waren sich die Geschwister auch, als sie ihr Filialnetz um zwei weitere Läden erweitert haben. Denn die Inhaber der Traditionsbäckerei Noller haben in diesem Sommer altersbedingt aufgehört – es fehlte ein Nachfolger. Die Bäckerei Wanner hat die beiden Läden in Gärtringen und Nufringen deshalb übernommen – mit den Mitarbeitern, die bleiben wollten. „Der Start war super, wir haben tolles Feedback bekommen – trotz Sommerferien“, sagt Lilian Kienzle.

Damit gehören nun insgesamt zehn Filialen zu Wanner. „Die beiden Läden passen zu uns, deswegen haben wir uns dafür entschieden. Doch zu groß wollen wir nicht werden“, sagt Lilian Kienzle. Ihr sei es wichtig, alle inzwischen 150 Mitarbeiter noch mit Namen zu kennen. Bei der Größe könne Wanner ohnehin nicht mit den Bäckerei-Ketten konkurrieren. „Deswegen setzen wir konsequent auf unsere Marke Wanner“, sagt die Betriebswirtin. Das Pfund, mit dem die Bäckerei wuchert, ist die Qualität ihrer Produkte. Denn die Inhaber können ihren Kunden ganz genau sagen, woher sie ihre Zutaten beziehen – nämlich hauptsächlich aus der Region. „Die Zwetschgen für unseren Zwetschgenkuchen kommen beispielsweise aus dem Gäu und werden hier bei uns entsteint“, sagt Lilian Kienzle. Das sei natürlich ein größerer Aufwand, als einfach auf entsteinte Tiefkühlfrüchte zurückzugreifen. „Aber die Kunden schätzen das“, sagt sie.

Außerdem fühlen Lilian Kienzle und ihr Bruder sich der langen Familientradition verpflichtet. Seit 1812 ist die Bäckerei auf dem Holzgerlinger Bloo in Familienhand. „Es geht darum, der Familientradition gerecht zu werden, aber auch neue, moderne Wege zu beschreiten“, betont Lilian Kienzle. Jede Generation in ihrer Familie habe die für die jeweilige Zeit richtigen Entscheidungen getroffen – nun sei es an ihrem Bruder und ihr, den eigenen Weg zu finden.

Gründer

Johannes Wanner gründet 1812 mit einem Holzbackofen auf dem Bloo in Holzgerlingen die erste Bäckerei. Als die vierte Generation mit Johannes und Emma Maurer das Geschäft übernimmt, sicherte noch die eigene Mehlhandlung die Existenz. 1943 brennt die Bäckerei nach einem Fliegerangriff ab.

Namenswechsel

Mit der fünften Generation folgt der Namenswechsel: Gertrud Maurer heiratet Karl Wanner, und die Bäckerei heißt nun nach ihm.

Filialen

Die sechste Generation mit Helmut und Ursula Wanner weitet das Filialnetz aus. Die Bäckerei hat nun vier Standorte in Holzgerlingen und weitere in Dettenhausen, Böblingen, Sindelfingen, Waldenbuch, Weil im Schönbuch, Gärtringen und Nufringen.

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