Zum Mostkrug in Erkenbrechtsweiler

Besenwirtschaft ist nicht gleich Besenwirtschaft! Denn nicht immer wird dort selbst gemachter Wein ausgeschenkt, in Erkenbrechtsweiler im Kreis Esslingen setzt der Chef auf Äpfel. Worauf es beim schwäbischen Most ankommt, weiß der Besenwirt Thomas Dieterich.

Thomas Dieterich ist kurz vor der Saisoneröffnung seiner Besenwirtschaft im Dauereinsatz. „Sobald die Äpfel reif sind, muss aufgelesen werden,“ sagt der 61-Jährige. Seine Streuobstwiesen in Erkenbrechtsweiler, Ober- und Unterlenningen geben in diesem Jahr mehr als sonst üblich her. Noch bis etwa Mitte Oktober dauert die Ernte. „Die Äste hängen voll. An eine bessere Ernte als in diesem Jahr kann ich mich gar nicht erinnern“, sagt er und läuft hinüber zu einer der Wiesen.

Das Obst der 50 zwischen 20 und 120 Jahre alten hochstämmigen Bäume ist die Grundlage für seine Besenwirtschaft zum Mostkrug. Dort verköstigt Dieterich bis zu zehn verschiedene Sorten selbstgemachten schwäbischen Mosts. Apfel-Quitte, Apfel-Birne, Apfel-Kirsche oder Jäger-Most gehören zu den Varianten, die der gelernte Bäcker und Konditor in dem ehemaligen Bauernhaus seiner Großeltern mitten in Erkenbrechtsweiler den Gästen kredenzt. 45 Personen kann er in den originalen Räumlichkeiten bewirten. „Der Gastraum war früher das Schlaf- und Esszimmer meiner Oma“, erzählt er.

Auf Dieterichs Wiesen wachsen alte Apfelsorten wie der Rheinische Bohnapfel, der Bittenfelder, Brettacher und der Trierer Weinapfel. „Aus einem Tafelmost kann man keinen guten Most machen. Die Mischung der Sorten macht’s, dann schmeckt der Most wie er schmecken soll. Das kann ich gar nicht beschreiben“ sagt der Wirt. Um die Streuobstwiesen stehe es im Allgemeinen gar nicht so schlecht, wie häufig behauptet, meint er. „Klar, früher haben die Leute ihre Wiesen gehegt und gepflegt, das war ja die Lebensversicherung. Und heute wollen das nicht mehr so viele bewirtschaften. Aber es gibt viele Initiativen und gute Projekte, wie etwa den weißen Bändel, der signalisiert, dass jedermann den damit gekennzeichneten Baum abernten darf oder kostenlose Schnittkurse. Da wird viel getan, um die Wiesen zu erhalten.“

Viel Arbeit ist es dennoch. Dieterich bekommt bei der Pflege der Bäume und der Ernte Unterstützung von Freunden und Familie. Ohne die würde es nicht gehen, so der 61-Jährige. Mit Säcken voller Obst von den eigenen Wiesen und der Ernte, die Bekannte gegen einen Kilopreis bei ihm abgeben, geht’s dann ans Saft- und Mostmachen. Die Früchte sollten vollreif und nicht faulig sein. Auch die Art, wie der Saft gepresst wird, sei entscheidend. Das wird in Erkenbrechtsweiler seit etwa 100 Jahren in der ortseigenen Mosterei gemacht. Auf die schwört Dieterich. „Die Packpresse der alten Moste hat den Vorteil, dass der Saft wenig Trubanteil hat. Das ist ein Qualitätskriterium.“ Der frische Saft wird zum einen in die Fässer gefüllt und vergärt dort zu Most. Der andere Teil wird auf 75 Grad erhitzt, also pasteurisiert, und als Apfelsaft abgefüllt. „Vergorener Most ist wie Wein. Säureempfindlichen Menschen empfehle ich einen Birnenmost, der ist bekömmlicher.“ Eins sei auch klar: Schwäbischer Most habe immer Alkohol. „Etwa sechs Prozent, wie ein stärkeres Bier“, sagt Dieterich.

Wer sich durch die Sorten testen will, kann ein Probierbrett mit fünf oder zehn Gläschen ordern, dazu schwäbische Gerichte wie etwa Rinderleber oder Schlachtplatte. „Nur bei Most, der nicht vergoren ist, wie etwa dem Federweißer macht sich eine ,durchschlagende Wirkung‘ bemerkbar. Oder natürlich, wenn man zu viel trinkt“, gibt Dieterich zu bedenken. Vom 3. Oktober an öffnet er seinen Mostkrug wieder, bis dann sollte der Großteil des Obstes verarbeitet sein.

Zum Mostkrug
Kirchstraße 9
Erkenbrechtsweiler
Telefon 0 70 26 / 21 96

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