Frisch, fruchtig, alkoholfrei
Kein Alkohol ist auch keine Lösung? Doch, man kann auch gut ohne ihn den Sommer genießen! Drei Bartender beweisen es mit Drinks, von denen man nicht genug haben kann.
Alkoholfreie Cocktails werden scherzhaft bis böse auch Mocktails genannt und machen arrivierten Bartendern nicht zwingend Spaß. Jedenfalls sind sie eine besondere Herausforderung, der sich für unsere Zeitung drei Stuttgarter Barchefs mit ihren Kreationen gestellt haben. „Alkohol ist Geschmacksträger. Mit ihm werden die Drinks komplexer“, sagt Andreas Schuster, der als Geschäftsführer seit Anfang des Jahres zusammen mit Patrick Witz die Fou-Fou-Bar leitet. Dessen Bruder Steffen Witz ist weiterhin Chef des Botanical Affairs direkt gegenüber. Das Fou Fou aber war vor zehn Jahren die erste Bar im Rotlichtviertel, die kein Animierbetrieb ist. Andere folgten, und mit ihnen das Publikum. „Die Stuttgarter sind nun mal ein Wandervolk“, sagt Patrick Witz, der sich über mehr Belebung im Viertel freut. Allerdings komme man hier kaum ohne Türkontrolle aus, für hinter der Bar gilt: „Nicht zu uniformiert, aber mit Stil“, sagt Schuster.
Alkoholfreie Cocktails gehören zwar nicht zum Selbstverständnis des Hauses, aber natürlich bietet man sie an. Vier regulär auf der Karte, darüber hinaus lässt sich viel variieren. So wie für unsere Zeitung mit einem Cocktail, der noch gar keinen Namen hat. Barchef Schuster mixt im Shaker: 2 cl Rosmarinsirup, 3 cl Himbeerpüree, 4 cl Limettensaft, aufgefüllt mit Ginger Ale, garniert mit einem Rosmarinzweig und Limettenrad. Fresh!
Ob mit oder ohne Alkohol: Im Fou Fou werde nicht gebatcht, also auf vorgefertigte Mischungen zurückgegriffen, auch wenn viel los ist – die Bar mit ihren mehreren Räumen fasst immerhin bis zu 150 Gäste. Wenn’s mal etwas länger mit dem Cocktail dauere, müsse das halt vorher kommuniziert werden, sagt Schuster, der sich ganz als Dienstleister sieht. Selbst der „von Bartendern am meisten gehasste Cocktail“ werde ohne zu murren gemixt. Viel gefragter als die Piña Colada sei aber weiterhin der Gin Basil Smash, besonders im Sommer, wenn die Drinks frischer und säurehaltiger sind im Gegensatz zu den stärkeren Kalibern in der Wintersaison.
Auch der Virgin Maracuja Mojito hat’s in sich, obwohl kein Alkohol drin ist, was das „Virgin“ bei vielen Cocktails signalisiert. Er ist einer von fünf alkoholfreien auf der Karte des Eduard’s, der eleganten und zur Breuninger gehörenden Bar im Dorotheen-Quartier. Von Beginn an, also seit zweieinhalb Jahren, mixt hier Timo Kretschmer, der zuvor stellvertretender Barchef in der Traube Tonbach war und Beisitzer im Vorstand der Deutschen Barkeeper Union Sektion BaWü ist.
Im Gegensatz zur Traube, wo in Abendgarderobe gerne ein Absacker an der Bar genommen werde, geht es im Eduard’s lässiger zu. Und es gibt natürlich mehr Durchlauf als im Abseits gelegenen Schwarzwaldluxushotel. „Es ist ein Kommen und Gehen, vor dem Shoppen oder nach dem Shoppen und für viele auch der Start in den Abend“, sagt Kretschmer.
Stammgäste gebe es dennoch viele, die es im Sommer erfrischend mögen und: mit weniger Alkohol. So könne man auch zwei Drinks hintereinander nehmen wie zum Beispiel den omnipräsenten, aber nicht überall beliebten Aperol Spritz. Und ganz ohne Alkohol? Ja, das gehe gut, allerdings müsse man versuchen, „Harmonie in den Cocktail zu bringen, ohne dass es zu süß und klebrig wird“, sagt Kretschmer.
Diese Gefahr läuft der fein-säuerliche Virgin Maracuja Mojito trotz der zwei Löffel weißem Rohrzucker nun wirklich nicht. Dazu löffelt Kretschmer eine Passionsfrucht oder Maracuja aus, gibt Minzblätter und 3 cl Limettensaft hinzu, füllt mit stark prickelndem Soda auf, das Ganze selbstverständlich wie alle unseren alkoholfreien Cocktails auf Eis – fertig ist die Erfrischung im Sommer, der gerne noch ein bisschen bleiben darf!
Im Schlossgartenhotel gibt es eine reine Sommerkarte mit rund dreißig Cocktails, fünf davon unter „Freie Fahrt“, also ohne Alkohol. Seit Juni vergangenen Jahres ist Karol Bernacki der Barchef der John-Cranko-Lounge. Der Hotelfachmann mixte zuvor unter anderem in Szenebars in Karlsruhe und genießt nun die entspannte bis gediegene Atmosphäre im Luxushotel, in dem es sich auch Außer-Haus-Gäste in den Sitzgruppen bequem machen können; donnerstags bis samstags zu Livemusik vom Flügel. Bernacki beherrscht viele Klassiker aus dem Effeff, aber er experimentiert auch gerne. „Manche Kombinationen haben sich schon in der Küche bewährt“, sagt er. Erdbeere und Balsamico zum Beispiel, auch interessant: Kaffee und Tonic.
Das Schöne am Sommer sei, dass man „mit vielen frischen, hausgemachten Zutaten arbeiten“ könne. Auch und gerade bei alkoholfreien Cocktails. „Wie früher üblich einfach fünf verschiedene Säfte zusammenkippen“, sei nicht sein Ding. Für unseren Zeitungs-Cocktail holt Bernacki eine besondere Flasche hervor: den Seedlip Garden 108. Wenn man so will, ein alkoholfreier Gin. Im Prinzip handelt es sich um mit Erbsen und Kräutern destilliertes Wasser. Als reiner Gin Tonic, für den der Seedlip gedacht ist, wirkt er ein wenig muffig und fad, aber in Bernackis Fruit Garden bringt er eine schöne herbe Note: 0,5 cl Seedlip, 2 cl Zuckersirup, 3 cl Zitronensaft, je drei pürierte Brombeeren, Himbeeren und Blaubeeren reingemixt, aufgefüllt mit 8 cl Ingwerlimonade, garniert mit Beeren und Minze. Fruchtig, nicht zu süß und hinten scharf – der sollte unbedingt mit auf die Karte!