Dem veganen Starkoch ist klar: „Schmecken muss es!“

Ein Galamenü  ganz  ohne Fleisch:  Timo Hildebrand hielt geheim, womit er in der Benefiznacht von Bad Cannstatt für die Organisation Stelp überraschen wollte – aus  Sorge, sonst würden Gäste fernbleiben? Kochstar Sebastian Copien (im Bild oben) verrät, wie veganes Essen am besten schmeckt.

Über Tierelend in der  Massentierhaltung, über  Fleisch als Klimakiller will     Sebastian Copien, ein Star der veganen Küche, nicht   groß rumlamentieren.  Sein Ansatz lautet:  gute Stimmung, gute Laune! „Mein Essen muss extrem lecker sein  und dem  Körper guttun“, sagt der 36-Jährige mit Wohnsitz am  Tegernsee,   „so dass die Frage gar nicht erst aufkommt, ob es vegan ist oder nicht.“ Was der  Chef einer Münchner Kochschule  serviert, sollte sich nicht als Verzicht anfühlen, „sondern nach Fülle, Geschmack und Freude“.

Noch nie zuvor hat der viel beschäftigte  Kochlehrer, Surfer,  Gastroberater,   Biogärtner  und   Kochbuchautor    ein hochwertiges   Fine-Dining-Menü für  280  Gala-Gäste zubereitet.   Der frühere VfB-Star Timo Hildebrand, der mit seinem Kumpel Serkan Eren das  Benefizfest   zugunsten der Initative Stelp (Stuttgart helps)  für Kinder in Not im Cannstatter Kursaal  organisiert hat (Erlös:  103 400 Euro!),  will in dieser Nacht der Hilfe und der Vorbilder als „Statement“ kein Fleisch auf dem Teller  sehen.  Als sich dies allmählich  im Saal herumspricht, hört man,  wie sich die ersten verabreden:  „Kommste nachher mit zur    Currywurst beim Brunnenwirt?“ Als ein Teller mit viel Rot serviert wird, machen die Scherzbolde grad so weiter. „Wenigstens Blut ist schon mal drauf“, sagt einer, „also nicht ganz vegan.“  Oder hat der Koch    die Rote Bete erstochen?

Der rote Gang liest sich auf der Menükarte so: „Geräuchertes Nachtschattengewächs trifft Kern aus Ostasien.“ Die rote Soße stammt  – genau! – von der Roten Bete.  Später gibt es unter anderem noch „Powerknolle und Fermentiertes mit süßer Überraschung“.  Wenn Gemüse nicht schmeckt, sagt  Copien, liegt   es nicht am Gemüse.   Sein Spezialgebiet ist die neue pflanzliche Küche.   Aber was ist, wenn der Heißhunger auf einen „Bolla Fleisch“, wie der Schwabe sagt, aufkommt? „Das ist  meist   Heißhunger auf was Deftiges“, sagt der 36-Jährige. Sein Tipp: „Auch ein   rauchiges Pilz-Kartoffel-Gulasch mit Knödl  befriedigt diesen   Heißhunger.“

Weder in der Einladung noch auf dem Programm des Abends stand,  dass ein veganer Koch  mit einem Team aus zwölf Köchen und Küchenhelfern (alle machten ohne Honorar mit!) das Galamenü verantwortet. Fleischfans sollten nicht abgeschreckt werden, sondern staunen,  wie phänomenal   gesundes und  nachhaltiges   Essen  schmeckt. Für einen vollmundigen Geschmack, rät Sebastian Copien,  sollten   fünf Geschmacksrichtungen dabei sein: süß, sauer, salzig, bitter, umami. Umami  ist japanisch, wird pflanzlich gewonnen und kommt etwa in der Sojasoße vor. Zu diesen fünf Geschmacksrichtungen zählt der 36-Jährige  noch ein Plus: Schärfe!  Besonders gern arbeitet er mit Röstaromen. Sein Motto:  heftig deftig.

Viele seiner  Kursteilnehmer, sagt er, wollen nicht völlig auf vegan umstellen, sondern  weniger Fleisch essen.  Die Zahl der Veganer steige überproportional.  „Jetzt kommt die erste Generation, die mit dem Thema aufwächst“, freut er sich, „für die nächste Generation wird es  normal werden.“  Bei der Gala geht die Rechnung auf.  Fleischesser machen zwar Witze, sind aber zumeist angenehm überrascht.   Auf die sachte Kritik eines Gastes, sehr gut gegessen zu haben, aber nicht satt geworden zu sein, reagiert Copien so: „Hätte er was gesagt – er hätte Nachschlag bekommen.“ Und was ist mit dem After-Gala-Schmaus  in der Altstadt beim Brunnenwirt? Hat sich zerschlagen!

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