Fux-Bier: Eine neue Brauerei im privaten Keller
Craftbeer ist total im Trend, Mittlerweile brauen Branchengrößen wie Dinkelacker neben ihren normalen auch Craftbeer. Die Schönbuchbrauerei tut es, die Gruibinger exerzieren dies extrem.
Jüngster Neuzugang in der regionalen Brauereiszene: In Musberg braut Benjamin Brauner im elterlichen Keller aromastarke Biere, die jedoch nicht als Craft Beer vermarktet werden sollen.
Man könnte durchaus behaupten, das beschauliche Musberg gehöre zu jenen Fleckchen im Lande, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Doch seit einem guten halben Jahr ist der Teilort von Leinfelden-Echterdingen eben auch das Städtchen, in dem der Fuchs das Bier braut. Oder, besser gesagt: der Fux. So hat Benjamin Brauner (34), ein entspannter und grundsympathischer junger Mann mit Bart und einem Funkeln in den Augen, die kleine Brauerei genannt, die er sich im Keller des elterlichen Hauses eingerichtet hat. Weil seine Eltern mal ein Hotel namens Fuchshof im Schwarzwald hatten – und weil Fuchs nach dem Umzug ins Schwäbische als Spitzname hängen blieb.
Heute grüßt der Fuchs schon von der Häuserwand. Dahinter wartet eine Brauerei, die an ein kleines Raumwunder grenzt. Kein Quadratzentimeter Platz, so scheint es, wurde vergeudet, nichts dem Zufall überlassen. „Das hier“, breitet Brauner die Arme aus, „war ein stinknormaler Keller. Hier standen Getränke, dort das Skizeug, da hinten ratterte die Waschmaschine.“ Davon ist nicht mehr allzu viel zu erkennen. Im Dezember 2017 wurden die ersten Flaschen Fux-Bier abgefüllt, davor wurde aus dem Untergeschoss sukzessive eine Mikrobrauerei, wie sie im Buche steht.
„Wir haben alles in Eigenleistung gemacht“, betont der Brauer. Freunde und Familienmitglieder halfen dabei, Steinmauern herauszureißen, den Keller zu fliesen und die Brauanlage einzubauen. „Wir haben über ein Jahr daran gearbeitet und standen vor großen Herausforderungen.“ Damit meint Brauner vor allem den verfügbaren Platz: 37 Quadratmeter, mehr misst der Keller nicht. „Deshalb musste alles passgenau eingebaut werden. Kein Quadratzentimeter durfte verschenkt werden.“
Einmal wöchentlich wird gebraut in Musberg, 400 Liter Sud fasst der Braukessel. Der ist ein zweckentfremdeter alter Milchtank, der von Brauner und seinen Freunden entkernt und für die neuen Herausforderungen angepasst wurde. Funktioniert super und ist derzeit zudem deutlich billiger als herkömmliche Braukessel, meint er. „Was allerdings auch etwas traurig ist, weil es zeigt, wie schlecht es um die Milchbauern steht“, gibt er zu bedenken. „Viele geben ihr Geschäft auf und brauchen diese Geräte nicht mehr“, bedauert Brauner.
Neue und reguläre Gerätschaften für seine Brauerei hätte sich Brauner nur schwer leisten können. Das war aber auch gar nicht nötig: „Alle fanden meine kleine Brauerei von Anfang an super und halfen, wo sie nur konnten.“ Von einem gab es eine gebrauchte Entlüftungsanlage, viele neue Teile erhielt Brauner zum Einkaufspreis. „Den Leuten gefällt die Brauerei einfach“, freut er sich. Auch die Familie hilft nach Kräften mit. Der Vater handwerklich, die Oma sorgt für den Flaschennachschub.
Apropos Nachwuchs: Fast zeitgleich mit dem Start der Brauerei kam seine Tochter zur Welt. „Deswegen trete ich zurzeit auch ein wenig kürzer“, erklärt er. Sobald sie im Kindergarten ist, will er aber so richtig loslegen mit dem Fux. Und das wird Zeit: Schon jetzt ist ein Großteil des Biers vorbestellt, während es noch lagert und reift. „Ich achte aber immer darauf, dass ich noch genug Flaschen im Laden habe.“ Der hat immer donnerstags und samstags geöffnet.
Drei Sorten braut er aktuell: ein Pale Ale, um die Craft-Beer-Freunde zu bedienen, ein Lager und ein Weizen. Alle in den letzten Monaten stetig verfeinert, bis sie seinen Vorstellungen entsprachen. „Ich wollte mich nicht nur auf einen Stil beschränken, weil nicht jeder Pale Ale mag.“ Dennoch, so fügt er schmunzelnd an, gehe das derzeit am besten. Mit dem mittlerweile ein wenig abgenutzten Begriff „Craft-Beer“ möchte Brauner deswegen auch nur bedingt identifiziert werden. Ihm würde es eher gefallen, wenn man Fux-Bier einfach als „Kreativbrauerei“ bezeichnet. Und das trifft allein wegen der Größe der Brauerei, aber auch wegen der Produkte zu: Brauners Biere machen Spaß im Glas und fordern nicht zu sehr mit hohem Alkoholgehalt oder 43 verschiedenen Hopfensorten; dennoch sind sie komplex, mit feiner Fruchtnote und Charakter.
Diesen Stil konnte er mehr und mehr verfeinern. Er profitierte aber auch von einem zweijährigen Aufenthalt in China. „Ich habe meine Ausbildung bei einer großen Stuttgarter Brauerei gemacht, in Berlin Brauwesen studiert und dann als Diplom-Braumeister bei einer anderen Brauerei in der Region gearbeitet“, setzt er an. „Weil ich aber immer schon mal als Brauer im Ausland arbeiten wollte, ging ich mit meiner Frau nach China, wo ich für zwei Jahre in einem deutschen Brauhaus in Changchun gearbeitet habe.“ Dort kam es auch zur Initialzündung für die Kellerbrauerei in Musbach. Allerdings nicht von Brauner selbst, sondern von seiner Mutter. „Schon in China meinte sie immer wieder mal, dass wir doch zurückkommen sollen, um eine Brauerei hier im Keller einzurichten“, erzählt Brauner.
Nach seiner Rückkehr dauerte es dann auch nicht mehr lang, da war aus dem Keller eine kleine Brauerei geworden. Sein klassischer Werdegang deutet es schon an: Im Gegensatz zu vielen brauenden Kollegen aus der Craft-Zunft ist Brauner niemand, der die Großbrauereien verunglimpft. „Für mich ist alles interessant, solange es Bier ist“, lautet sein salomonischer Ausspruch dazu. Er konzentriert sich einfach darauf, aus diesem tollen Naturprodukt etwas Besonderes zu machen. Ziemlich clever. Doch der Fuchs, er gilt ja schon im Märchen als besonders schlau.