Wie viele Burger braucht die Stadt?
Die einen schreien: „Bäh, schon wieder Burger!“ Die anderen jubeln über die baldige Ankunft ihrer Lieblingsburger. Ist nicht so langsam der Höhepunkt der Burgermania überschritten? Offenbar nicht, sonst würde dies der Markt regeln. Die Five Guys zieht es aber nach Stuttgart, ebenso Burgerheart. Vermutlich rechnen beide Ketten damit, ordentlich zu verkaufen!
Brav stehen die Liebhaber des Fastfoods Schlange. Die Backsteinwand versprüht urbanen Schick, der Geruch nach Bratfett hängt in der Luft. In der Sophienstraße in der Innenstadt ist das Triple B Beef Burger Brothers wie meist gut gefüllt. Die Faszination der Fleischküchle, die mit Zwiebeln, Tomaten, einer Soße und Salat zwischen die zwei Scheiben eines Brötchens gepackt werden, ist größer denn je. „Burger sind einfach geil!“, sagt Frederik Meyer, 23.
Für ihn geht also demnächst ein Traum in Erfüllung, Stuttgart erhält weiteren Zuwachs in diesem Segment. Das Burgerheart eröffnet in der Tübinger Straße 8 eine riesige Filiale mit 250 Sitzplätzen, und die weltweit derzeit am schnellsten wachsende Kette namens Five Guys (bisher circa 1450 Lokale) hat ihr baldiges Erscheinen in der Stadt ebenfalls angekündigt. Vor fünf Jahren eröffnete der Filialist Hans im Glück in Stuttgart seinen ersten Laden, mittlerweile gibt’s fünf Stück davon. Diverse weitere kamen, kaum mal einer machte zu. Und der in Ehren ergraute Udo Snack genießt unter seiner Kundschaft weiterhin seinen Kultstatus.
Weil der Burger einfach seine Fans hat, wie eine Umfrage in der Stadt zeigt. „Ich gehe einmal die Woche Burger essen“, sagt Alexandros Michailigis (33), selbstständiger Osteopath und Kampfsportler, mit einem Augenzwinkern, „die vielen Proteine sind perfekt für die Sportlerernährung und bei den Kohlenhydraten ist eine Ausnahme pro Woche okay.“ Bert Hofstätter (53) aus der Schweiz stimmt ihm unumwunden zu: „Die Mischung aus Brötchen, Fleisch und Salat macht’s. Burger gehören für uns zur Ernährung dazu.“
Das Phänomen der Burger! Vor einer geschätzten Ewigkeit kamen sie aus den Vereinigten Staaten zu uns, nun erleben sie eine Renaissance. Mit Zahlen lässt sich das nicht belegen, weder die Stadt noch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) erheben explizit Daten zu den Schnellrestaurants, die Burger verkaufen. Dennoch ist offensichtlich: Es werden mehr in Stuttgart. Der Dehoga sieht in dieser Entwicklung den Trend hin zu mehr Systemgastronomie. „Gastronomisch bietet der Burger eine große Möglichkeit, man kann standardisieren und variieren“, sagt Sprecher Daniel Ohl. In Zeiten von hohen Kosten und Personalknappheit biete so ein Konzept einen wesentlichen Vorteil: eine geringere Abhängigkeit vom Faktor Mensch, das Produkt und das Ambiente stehen im Vordergrund.
Dazu komme, dass die zweite Burger-Welle gegenüber den Klassikern wie McDonald’s und Burger King auf mehr Qualität Wert legt. Siehe die Neuen in der Stadt. Die Betreiber vom Burgerheart werben mit absoluter Frische, die Macher vom Five Guys ebenfalls. In ihren Filialen sei sowohl das Fleisch als auch das Gemüse frisch, daher gebe es nicht einmal Gefrierräume in den Lokalen, „nicht einmal einen Dosenöffner“. So würden beispielsweise die Kartoffeln jeden Morgen von Hand gewaschen und geschnitten. Bei der Kundschaft kommt diese Botschaft an. Anita Zimmermann-Buder ist 65 Jahre alt und geht nur gelegentlich in diese Art von Restaurant, aber sie erkennt ebenfalls eine Entwicklung: „Ich gehöre ja noch zur ersten McDonald’s-Generation. Deswegen merke ich, wie der Trend bei Burgern immer mehr hin zu Qualität und weg vom matschigen Brötchen geht.“ Diese Entwicklung ist unumstritten. Die bessere Qualität sei relativ leicht zu kommunizieren, also eine gute Werbung. Dennoch lasse sich das angebotene Essen ebenfalls gut und unkompliziert multiplizieren. Wenn ein Koch das Markenzeichen eines Restaurants sei, werde es dagegen schwierig, dieses in einem Fanchise mit mehreren Filialen zu vervielfältigen.
Warum gerade der Burger derart boomt, ist indes schwer zu sagen. Das sei eben ein Trend wie vor einigen Jahren der Asian-Fusion-Trend oder die Grillshows, meint Professorin Nanette Ströbele-Benschop von der Universität Hohenheim. Die Fachfrau für angewandte Ernährungspsychologie stellt ganz nüchtern fest: „Der Markt braucht halt Trends.“
Vor einer Übersättigung in Stuttgart haben die Neuen keine Angst. Bei Five Guys, die noch nicht mal einen genauen Standort für ihr Projekt benennen, heißt es: Die Erfahrung zeige, dass es häufig sogar von Vorteil sein könne, wenn die Burger-Szene an einem Standort bereits etabliert sei. „Wettbewerb belebt das Geschäft.“
Aus lokaler Sicht lösen solche Ansagen ebenfalls keine Angstgefühle aus. Zum Beispiel bei Triple B Beef Burger Brothers. Der Lokalmatador, bei verschiedenen Tests für den besten Hamburger ausgezeichnet, sieht den Angriff der Ketten ganz gelassen. Weil letztlich eine andere Philosophie dahinter stecke. „Franchiseketten sind auf Umsatz konzentriert, wir jedoch auf das Endergebnis eines jeden einzelnen Produkts: auf die Qualität, die Frische, den Geschmack und die Präsentation“, sagt Candas Hazar von den Beef Burger Brothers, „beides gleichzeitig umzusetzen kann einfach nicht funktionieren.“
Im Gegensatz zu den Ketten werben die Zuffenhausener neben der Frische auch noch mit der Qualität des Fleisches, das bei ihnen ausschließlich von regionalen schwäbischen Weidetieren komme, aus gesunder und artgerechter Haltung. Aufgrund der kurzen Transportwege werde deshalb auch nie etwas eingefroren, jeder Burger werde frisch gemacht. Candas Hazar sagt deshalb ganz selbstbewusst: „Wir konkurrieren nur mit uns selbst.“
Geschichte
Wer den Hamburger erfunden hat, ist so unklar wie bei der Currywurst. Definitiv sollen deutsche Einwanderer in die Vereinigten Staaten aus Hamburg beteiligt gewesen sein. Im Bundesstaat Wisconsin wird in einem Gesetz behauptet, 1885 habe Charlie Negrin (der „Hamburger Charlie“) aus Seymour als Erster einen Burger vom Grill im Brötchen verkauft. Oklahoma verbreitet ein ähnliches Gesetz, das Datum hier ist 1891 und der Erfinder Oscar Billy.
Anfänge
Nach Deutschland schwappte die Welle Anfang der 70er Jahre, da eröffnete in München der erste McDonald’s. Fünf Jahre später folgte Burger King nach Europa, erst 1980 öffnete die erste Filiale in Deutschland.
Heute
Die Anzahl von Burger-Lokalen wird nicht explizit ausgewertet. McDonald’s erreichte 2017 in Deutschland den absoluten Höchstwert von 1480 Filialen.