Das Richter’s künftig ohne Richter

Mit Geld kann man in der Gastronomie wohl doch keine Erfolge kaufen. Den großen Wurf wollte René Richter (großes Bild links), ein Patron von Sylt, in Stuttgart landen. Jetzt muss er gehen, sein Koch Ben Benasr (rechts), einst im Monrepos mit einem Stern dekoriert, übernimmt vom Promi-Wirt. Was lief schief?

Als Harald Panzer, nach einer kurzen Pause wieder Geschäftsführer der Fellbacher Wohninvest, im Urlaub auf Sylt im Kamp’ner Pesel einkehrte, war er so begeistert, dass er beschloss: „Den Chef nehmen wir mit nach Stuttgart.“

Der Chef dort hieß René Richter. Im vergangenen November feierte er mit Stuttgarts Society die Eröffnung von Richter’s Fine Dining an der Friedrichstraße unweit des Hauptbahnhofs. Sieben Monate später ist klar, was vor allem diejenigen beruhigt, die wenig davon haben: Selbst mit Geld lässt sich nicht alles erreichen. Auch in der Gastronomie kann man keine  Erfolge kaufen. Die Gesellschafter, denen das Citygate mit dem Restaurant im Erdgeschoss gehört, haben den einstigen Star aus Sylt auf Anfang 2020 gekündigt und mit sofortiger Wirkung freigestellt. Seine E-Mail-Adresse wurde  deaktiviert.  „Die Trennung erfolgt einvernehmlich“, heißt es offiziell.

„Immobilienhändler denken, ihnen gelingt alles“, sagt ein  Stammgast des Richter’s.  Seit  Eröffnung habe man  dicke Verluste eingefahren, ist zu hören. Die Rede ist von einer fünf- bis sechsstelligen Summe pro Monat.  Hinzu kam eine üppige  Entlohnung von René Richter. Doch jetzt haben die Investoren  die Reißleine  gezogen. Der Namensgeber des Restaurants muss gehen.

Zum 1. August übernimmt der frühere Sternekoch Ben Benasr die Geschäftsführung des Richter’s, das seinen Namen  behält. Damit tritt der 38-Jährige, ein gebürtiger Tunesier und von seinen Fans  hochverehrt,  in die erste Reihe. Anfang des Jahres hat ihn  der  nun ausgeschiedene Patron  als Küchenchef  zu sich  nach Stuttgart geholt, um nach dem Ärger mit seinem  ersten Koch seine Vorstellungen von einer „High-End-Küche“ unterhalb des Sterns in einem Restaurant mit 85  Plätzen umzusetzen.   Benasr hat  im Jahr 2016 in der Gutsschenke des Monrepos in Ludwigsburg seinen ersten eigenen Michelin-Stern geholt.

„Wir werden im Richter’s einiges umstellen“, sagt der neue Chef und stellt klar: „Wir werden definitiv nicht zumachen.“ Das Richter’s sei schließlich „eines der schönsten Restaurants der Stadt“ und verfüge über eine „tolle und gut ausgebildete Mannschaft“. Benasr ist guter Dinge. „Wir packen das“, erklärt er selbstbewusst. Am besten passe die Bezeichnung „schwäbische Brasserie“ zur Neuausrichtung.

René Richter lässt sich derweil nicht anmerken, wie tief ihn das Scheitern verletzt. Mit den Gesellschaftern habe er sich „überworfen“, sagt er, dies sei wie in einer Ehe: „Irgendwann ist man froh, wenn man getrennte Wege geht.“ Jetzt will er erst einmal mit seinen Kindern in den Urlaub fahren. Die Kinder seien es gewesen, die ihn gedrängt hätten, auf seine Gesundheit zu achten. Schon bei seiner über 24 Jahre währenden Gastrozeit auf Sylt habe ihn der Stress krank gemacht. Dies wolle er sich nicht mehr antun. Vorerst will Richter in Stuttgart bleiben und schließt eine Rückkehr in die Gastronomie nicht aus. Konkrete Pläne habe er nicht, aber Ideen.

Dass ein neues Restaurant der Fine-Dining-Klasse nicht von Anfang an Gewinne abwirft, sei klar, sagt Richter. Haben die Investoren ihn zu früh fallen lassen? „Nicht mit allen Gesellschaftern“ habe er sich zerstritten. Ausdrücklich lobt er Harald Panzer, der ihn geholt hatte.

Stammgäste diskutieren, wie es weitergeht. Wird es künftig einen abgetrennten Bereich mit 15 bis 20 Plätzen geben, mit dem Benasr einen Stern holen will, während im restlichen Restaurant bürgerliches Essen à la Zwiebelrostbraten serviert wird? Soll die Bar an jenem Ort ausgebaut werden, an dem einst Romulo Kurányi, der Bruder des Fußballprofis Kevin Kurányi, die Edel-Pizzeria H’ugo’s etablieren wollte? Kann man künftig zu Richter’s auch zu einem Drink und zum Partymachen kommen? Oder helfen die besten Pläne nicht, weil sich das Restaurant auf der falschen Seite der Straße befindet, nur in 1-B-Lage ohne Parkplätze im Haus?

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