Ein Start-up für nachhaltige Produkte in Automaten
Gutes von Frau Gleich: Eine junge Unternehmerin will für nachhaltige Produkte in den Automaten sorgen. Dafür ist sie jetzt in Stuttgart ausgezeichnet worden. Für die Umsetzung fehlt ihr nur noch ein Geldgeber, dann will sie mit Automaten in der Hauptstadt Berlin an den Stadt gehen.
„Der übliche Müll“: So vernichtend fällt das Urteil von Larissa Gleich über den Inhalt der meisten Verkaufsautomaten aus. Die 38-Jährige, die aus der Lebensmittel-Branche kommt und als Beraterin für Unternehmen und Start-ups Erfahrungen gesammelt hat, will es besser machen und Automaten mit köstlichen und erschwinglichen Snacks und anderen nachhaltigen Produkten aufstellen. Als eine von acht Finalisten, die es beim EIT-Wettbewerb europäischer Start-ups für ein gesünderes und nachhaltigeres Lebensmittelsystem in eine von 17 europaweiten Endausscheidungen geschafft hat, präsentierte sie in Stuttgart Idee und Vorhaben unter dem viel versprechenden Titel: „Frau Gleich – Hier gibt’s Gutes“.
„Automaten sind ein sehr solides Geschäft mit leicht ansteigender Tendenz“, weiß Larissa Gleich. Laut Branchenverband BDV gebe es in Deutschland etwa 545 000 Automaten, die jährlich dank hoher Akzeptanz 3,3 Milliarden Euro erwirtschaften. Ihre Ära begann in Deutschland 1888 mit den Warenautomaten der Firma Stollwerck. Anderswo, in China beispielsweise oder im alten Griechenland, waren sie da schon ein alter Hut und erfüllten im Reich der Mitte seit 937 v. Chr. den dringenden Bedarf nach Schreibpinseln und in Hellas tausend Jahre später nach Weihwasser. Ludwig Stollwerck dagegen brachte die Idee aus Amerika mit und füllte seine „Selbsttätigen Verkaufsapparate“, die er mit Max Sielaff und Theodor Bergmann entwickelt hatte, mit Schokolade, Bonbons und Warenproben. Zuerst in Berlin, aber 1893 waren bereits 15 000 Automaten in Deutschland aufgestellt.
Seither gibt es fast nichts, was man nicht aus den Automaten holen kann: Zigarren und Zigaretten, Kaugummis und Kondome, Getränke, Kaffee, Briefmarken, Tickets für Busse und Bahnen im Nah- und Fernverkehr, Regenschirme, Bücher, sogar Ballerina-Schuhe, Blumen, Snacks wie Schokoriegel und Chips, auch Sandwiches, in seltenen Ausnahmen Obst oder von kreativen und umweltbewussten Anbietern wie Hofläden frische Milch und frische Eier. Meist aber, so Larissa Gleich, sei das Angebot „ein Albtraum – Coca Cola und Bifi“. So hungrig oder durstig könne sie gar nicht sein, dass sie da nicht verzichte, denn „konventionelle Produkte möchte ich nicht konsumieren, die sind weder gut für mich noch für die Umwelt“.
Hier klafft eine Marktlücke, die sie füllen will: Mit Produkten, die über das Bio-Siegel hinaus echte Nachhaltigkeit garantieren. Im Food-Bereich Snacks wie Riegel, getrocknetes Obst, Nüsse, auch Schokolade. An Sandwiches oder andere Frischeprodukte denkt Larissa Gleich noch nicht, „da muss zu viel weggeworfen werden“. Und im Non-Food-Bereich „alles, was man so braucht, von der Zahnbürste und anderen Hygiene-Artikeln bis zum Kugelschreiber.“ In den USA sei das längst ein Erfolgskonzept. Starten will Larissa Gleich ihr Unternehmen in Berlin: Mit 16 Automaten, die zum Beispiel in Hotels, bei Universitäten, Ämtern oder in der Nachbarschaft von Fitness-Studios aufgestellt werden. Als Test für das angesteuerte Ziel von 300 Automaten in den nächsten drei Jahren in zwölf Großstädten. Das Füllen der Automaten schaffe Arbeitsplätze für Menschen, die sich sonst auf dem Arbeitsmarkt schwer tun.
Die Berlinerin steht mit ihrem Namen und Konterfei auf den Automaten für Produkte, „die man mit gutem Gewissen kaufen kann und nicht nur pseudo-grün und mehr als nur grüne Verpackung sind“. Dafür fehlt freilich noch eine wichtige Voraussetzung: Ein Investor der bereit ist, mit 330 000 Euro einzusteigen. Wünschen würde sich Larissa Gleich einen solchen finanzstarken Partner auf gleicher unternehmerischer Wellenlänge mit Herz und Verstand, denn „ es geht um mehr als Geldmacherei“.