Brunch war gestern. Jetzt gibt’s Bubbles and Bowles
Silvester ist vorbei, der Champagner bleibt. Wer mag, kann jetzt jeden Sonntag die Lust am Luxus bei Schaumwein und fein bestückten Schälchen im Schlossgarten-Hotel zelebrieren. Für den Kampfpreis von 39 Euro gibt’s kleine Bowles und Bubbles, Champagner wird fleißig nachgeschenkt. Und auch das auf viele recht bieder wirkende Remstal hat längst nachgelegt.
„Brunch kann jeder, bei uns gibt’s jetzt Bowls & Bubbles“: Ganz schön selbstbewusst geht das Team vom Hotel am Schlossgarten sein neues kulinarisches Programm für den Sonntagmittag an. In der John-Cranko-Lounge ploppen künftig von 12 bis 15 Uhr die Korken der Champagnerflaschen und es prickeln die Bläschen im Glas. Dazu reicht die Küche des Hauses ein Mini-Menü in Schälchen – daher also der Name. Damit folgt die Fünfsterneherberge einem Trend: Am Wochenende soll es leicht und unkompliziert sein, ein bisschen edel aber gerne auch.
Darauf setzt der stellvertretende Hoteldirektor Michael Braun, der etwas despektierlich fragt: „Wer will denn schon noch Schlange stehen an Buffets mit abgegrasten Salatplatten?“. Keiner. In der Lounge wird stattdessen beispielsweise frisch zubereitetes Grünzeug im Glas serviert, gefolgt von Kalbstatar, Hummersüppchen, Miso-Nudeln und so fort. Einziges Manko: Plaudern, Schüssel auf dem Schoß balancieren und dann noch unfallfrei mit dem Mini-Löffel hantieren, dazu braucht es ein ruhiges Händchen. Was vielleicht indirekt auch mit dem fortschreitenden Champagnergenuss zusammenhängen könnte . . .
Apropos: Der herrlich faule und zumindest für Stuttgarter Verhältnisse recht dekadente Sonntagmittag kostet 39 Euro. Das inkludiert neben Häppchen-Menü von Küchenchef Stefan Kientz und seinem Team den Althoff-Haus-Schampus Bricout aus Reims, aus dem Hause Vranken-Pommery. Wer mag, nutzt das Angebot: „Upgrate your Bubbles“ (englisch klingt einfach besser): Im Keller wartet natürlich auch der Dom Pérignon…
Das Hotel hat offenbar den Nerv getroffen: Bei der dritten Auflage waren die Sofaecken um die kleinen Tische gut besetzt. Seitdem das Angebot auf der Homepage stehe, habe man zahlreiche Anfragen, auch von Gruppen mit 30 bis 40 Leuten, sagt Braun, der meint: „Luxus muss nicht teuer sein“. Wobei das Preis-Leistungs-Verhältnis natürlich immer von der persönlichen Einstellung des Betrachters beziehungsweise Genießers abhängt.
Bisher ist den meisten Stuttgartern das nahe Remstal denn auch vor allem als Destination für Besenwirtschaften und einfache Viertelesweine bekannt. Aber entlang der Rems weht längst „Champagnerluft“. Diesen Begriff benutzte der Remstal-Förderer und Unternehmer Karl-Heinz Donner diese Woche in der Alten Kelter, wo am Montag die 23. Auflage der Weinmesse „Unsere Besten“ mit einer festlichen Abendveranstaltung abgeschlossen wurde.
Rund 800 Gäste, unter ihnen zahlreiche Honoratioren aus dem ganzen Remstal, waren zu „Wine & Dine“ geströmt. Der Name klingt nicht nur ähnlich wie die „Bowls & Bubbles“, sondern funktioniert im Prinzip auch gleich. Zu den Weinen und Sekten der Aussteller wird ein Flying Buffet serviert, bestückt von namhaften Küchenchefs. Dieses Mal dabei: Björn Bergmann vom Restaurant Mille Miglia in Waiblingen, Philipp Kovacs vom Goldberg in Fellbach, Robert Kudin von der Vorratskammer in Weinstadt-Strümpfelbach und Markus Bezler von der Weinstube Muz in Weinstadt-Endersbach mit einer traumhaften Crème Brulée von der Entenleber zum Einstieg.
Dazu harmonierte perfekt der Blanc de Noir Brut Nature vom Weingut Klopfer aus Weinstadt-Großheppach von der Sekt-Probiertheke, mit der der Messe-Veranstalter, der Tourismusverband Remstal Route, nun schon im vierten Jahr der stetig wachsenden Bedeutung der heimischen Schaumweine Rechnung trägt. Klopfers Brut Nature, ohne Dosage, traditionelle Flaschengärung, mindestens drei Jahre Hefelagerung ist ein Sekt, der es mit vielen Champagnern aufnehmen kann.
Das gilt natürlich auch für die prickelnden Produkte des Fellbacher Weinguts Aldinger. „Wir könnten wesentlich mehr Flaschen verkaufen“, sagte Gert Aldinger am Rande von „Wine & Dine“ – sei es vom eigenen Brut Nature oder von den gemeinsam mit dem Untertürkheimer Kollegen Hans Peter Wöhrwag und dem Versekter Volker Raumland hergestellten Sekte wie dem Pinot Brut 2. Bisher fehlte aber auch der Lagerplatz – schließlich liegen die Flaschen hier ebenfalls zwei bis fünf Jahre auf der Hefe. Doch es gibt Hoffnung für die Fans der regionalen „Bubbles“: Man habe gerade, so Aldinger, zwei Seitenarme des alten Bunkers unweit des Römerkastells gemietet.