Johann Lafer wirbt auf dem Weissenhof für Genuss
Aus den Zwängen der Sterneküche hat sich Johann Lafer nach 25 Jahren befreit. Jetzt ist er sein eigener Stern. Als Meister der Selbstvermarktung präsentiert sich der 61-Jährige auf dem Weissenhof und protestiert gegen das Kükenurteil.
Der Mann sprudelt vor Ideen, verwandelt Worte blitzschnell in Treffer wie die besten Tennisspieler einen Aufschlag und kann zu jedem Thema eine lustige Anekdote liefern. Wie ist es ihm nur gelungen, sich so viele Jahre in die Einsamkeit einer Gourmetküche auf der Stromburg im Hunsrück zurückziehen und sich den hohen Anforderungen im Sternezirkus unterzuordnen?
Nun aber ist der 1957 in Österreich geborene Johann Lafer, einer der bekanntesten Köche Deutschlands, dort angekommen , wo er sich am wohlsten fühlt. Rastlos reist der TV-Star umher, baut das Imperium Lafer immer weiter aus und tanzt als Meister der Selbstvermarktung auf vielen Hochzeiten.
Als Botschafter des 1895 in Turin gegründeten Kaffeeunternehmens Lavazza ist er zum ATP-Tennisturnier auf den Weissenhof gekommen, stellt nebenbei sein eigenes Genuss-Hochglanzmagazin „Lafer“ vor, verwöhnt Logengäste mit Süßem und grillt am Abend Burger für alle. Wie er so flott redet und vor den Medien agiert, hat man rasch den Eindruck, die italienische Sponsorenfirma, um die es geht, heißt in Wahrheit Laferazza.
Eigentlich ist Lafer nach Stuttgart gereist, um für die schönen Dinge des Lebens zu werben. Doch dann hörte der 61-Jährige vom Gerichtsurteil zum massenhaften Töten von männlichen Küken und wurde wütend. „Das Urteil ist sehr deprimierend“, sagt der TV-Koch unserer Zeitung. „Menschen sollten Tier und Natur achten“, findet er. Lafer versteht nicht, warum man Forschungsprojekte, die eine Geschlechtsbestimmung bereits im Ei ermöglichen, nicht stärker gefördert habe. „Ich bin kein Experte“, erklärt er, „aber da müsste man doch längst eine Lösung gefunden haben.“
Der Genussbotschafter mehrerer Firmen ist kein Vegetarier, hat aber den eigenen Fleischkonsum stark eingeschränkt. „Es kann nicht sein, dass wir jeden Tag Steaks essen, immer nur das Beste“, betont er. Köche seien gefordert, mit ihrer ganzen Kreativität zu zeigen, wie gut und vielseitig die vegetarische Küche sein könne.
Nach jahrelangem Verkünsteln auf höchstem Niveau besinnt sich Lafer nun auf die „einfache Küche“. Das Schönste für ihn ist, „wenn’s dem Gast so ergeht wie dem Restaurantkritiker in dem tollen Trickfilm ‚Ratatouille‘“. Statt unglaublich extravaganter Haute Cuisine servierte man ihm geschmortes Gemüse. „Ein Bissen davon reichte, um den gefürchteten Kritiker in Sekundenschnelle in seine Kindheit, zu einem Augenblick des Glücks und der Geborgenheit zu transportieren“, schwärmt der 61-Jährige. Sein Rat: „Das Essen sollte zu Herzen gehen.“ Bei der Vorstellung, was mit männlichen Küken geschieht, vergeht jedoch der Herzenswunsch nach Geflügel.