Der Mann, der die Karibik nach Möhringen bringt
Dieser Arbeitsplatz läuft im Sommer sicher unter den begehrtesten der Stadt: Mehr Beach-Feeling gibt’s nur an wenigen Orten in der Stadt. Der rastlose Luis Ferdinand hat die Kanto Beach Bar im SI-Centrum umgekrempelt – und noch einiges vor.
Ein lauer Sommerwind weht durch die Cocktail-Bar. Reggae-Sound tönt aus den Lautsprechern. Ein Martini Dry geht über die Theke. Im Hintergrund räkeln sich Gäste in Badetücher gehüllt auf ihren Himmelbetten. Nein, wir sind nicht auf Curacao, Barbados oder den Cayman Islands. Nicht mal auf Jamaika. Sondern in den Schwabenquellen in Stuttgart-Möhringen. Dort hat der 24-jährige Luis Ferdinand vor knapp anderthalb Jahren als Chef der Kanto Beach Bar angeheuert und sie von einer etwas blutleeren Systemgastronomie in eine hochklassige Cocktailbar mit persönlicher Handschrift verwandelt. „Vorher stand hier nur eine Kaffeemaschine und ein Kühlschrank“, schildert er die ersten Eindrücke. Seine Mission: eine Wohlfühlzone mit großer Kundenbindung schaffen – und hochklassige Cocktails mixen. Kanto-Geschäftsführer Martin Pesch kuckte sich Luis Ferdinand ganz bewusst als denjenigen aus, der es richten sollte. „Kannst Du damit was anfangen?“, habe Pesch ihn beim ersten Kennenlern-Termin gefragt und ihm den Außenbereich gezeigt. Das konnte er. Denn Luis Ferdinand macht keine halben Sachen.
Er steht unter Strom, spricht schnell und gibt immer Vollgas, bei der Arbeit genauso wie beim Feiern. Bewiesen hatte er sich in der Stuttgarter Gastro-Szene längst, hatte unter anderem im Five, in der Conditorei und im Ciba Mato gelernt, schnell und unter Druck zu arbeiten. Das Handwerk hatte der mit rund 30 Tattoos ausgestattete gebürtige Stuttgarter (Geburtsdatum: 7.11.) zuvor in der renommierten österreichischen Landesberufsschule Lochau gelernt, einer der besten Gastronomieschulen Europas.
Als Kommunikationstalent fällt es Ferdinand vor allem die Sache mit der Kundenbindung leicht. „Ich kenne jeden Gast mit Vor- und Nachnamen, außer Erstbesucher“, sagt er. Ferdinand ist weit mehr als Barchef, sieht sich als Vernetzer, der Kunden – oft kommen Singles oder Pärchen, seltener Gruppen – miteinander ins Gespräch bringt. Spaß und ein wenig Dekadenz dürfen auch nicht fehlen: an „verrückten Abenden“ würden auch mal 17 Champagner-Flaschen geköpft, schließlich gilt es, dem Anspruch der Kunden an einen „Upper Service“ und Prestige-Produkte gerecht zu werden.
„Die Leute suchen sehr exquisite Getränke. Ich gehe auf ihre Wünsche ein, lese ihnen die Geschmäcker vom Mund ab“, so Ferdinand. Die Karte sei deshalb auch bewusst klein gehalten, das schaffe Spielraum für individuelle Wünsche. Von einem freien Tag pro Woche abgesehen setzt Luis Ferdinand alles daran, seine Mission zu erfüllen. Dazu gehört weitaus mehr, als Gespräche zu führen und Drinks zu mixen.
„Heute früh hatte ich zum Beispiel schon einen Termin beim Schreiner. Außerdem kommuniziere ich viel mit den Kunden über soziale Medien“, sagt er – auch das eine Form der Kundenbindung. Ferdinand kalkuliert Kosten, gibt Bestellungen auf, stellt Personal ein, konzipiert Cocktails, schreibt Getränkekarten und sucht fortwährend neue Produkte, die zur Bar passen. Samstags lässt er sich auch mal im Cavos-Bar in der Innenstadt blicken, um Neukundinnen zu gewinnen, die er mit Hinweis auf die After Hour und seine speziellen Detox-Drinks in die Kanto Beach Bar lockt.
All das könne zwar ab und an nervenzehrend sein. Geil sei sein Job aber auf jeden Fall. „Es ist ein Geschenk. Man bekommt einfach sehr viel von den Gästen zurück“, so Luis Ferdinand. Wie lange es ihn in der Kanto Beach Bar hält? Bislang ging es rastlos zu in Ferdinands Gastro-Karriere. Drei Jahre in einem Laden seien eine lange Zeit in dem Geschäft. „Aber hier bin ich sesshaft geworden“, sagt er.
An Projekten mangelt es ihm jedenfalls nicht: im Innenbereich durfte er seinen Wunsch von einer Winter-Bar verwirklichen, ein Soft-Opening hat vor Kurzem stattgefunden. Im Dezember folgt die offizielle Eröffnung mit kleinem Weihnachtsmarkt. Langweilig dürfte es in der Möhringer Karibik unter der Führung Luis Ferdinands jedenfalls so schnell nicht werden.