Im Sindelfinger Traditionslokal Hirsch bleibt die Küche kalt
Wieder ist ein Traditionslokal geschlossen. Im Hirsch in Sindelfingen geht seit März nichts vorwärts. Er muss dringend saniert werden, aber offenbar passiert nichts. Dabei gehört die Immobilie der Stadt, die eigentlich ein Interesse an einer Wiederbelebung haben sollte.
Auch der Oberbürgermeister ist gern im Gasthaus zum Hirsch eingekehrt. Noch im Dezember 2017 ehrte Bernd Vöhringer besonders sozial engagierte Bürger bei einem Essen in dem Sindelfinger Traditionslokal. Doch seit März ist die Küche kalt: Nach 30 Jahren war das Betreiberehepaar Monika und Claus-Peter Giffhorn in Rente gegangen. Die Zukunft des Hirschen liegt den Stadträten allerdings am Herzen, mehrere Anträge liegen dazu vor. Die Immobilie gehört der Stadt. Vor einer Neuverpachtung muss das unter Denkmalschutz stehende Gebäude aber saniert werden. Einen Zeitplan will die Verwaltung nach der Sommerpause vorlegen.
„Der Prozess hätte schon längst angestoßen werden können“, kritisiert Axel Finkelnburg, „aber es ist nichts passiert.“ Schließlich hatte das Ehepaar Giffhorn seine Kündigung schon im März vor einem Jahr eingereicht. Zwei Mal fragte der SPD-Stadtrat im Gemeinderat nach und bekam als Antwort, dass ein Gutachten über den Umfang der notwendigen Sanierung bestellt sei. Im Mai stellte er dann einen Antrag: Die Verwaltung solle die Arbeiten so weit beschleunigen, dass eine Neuverpachtung spätestens zum 1. März 2019 möglich wird. „Da muss wieder schnell Leben rein“, findet er. Ein langer Leerstand erschwere dem nächsten Gastronomen den Anfang. Außerdem fehlt der Hirsch den Sindelfingern, da ist er sich sicher: „Es war ein Treffpunkt mit guter gut-bürgerlicher Küche“, sagt er. Familienfeste wurde dort gerne gefeiert, Vereine trafen sich – und der Oberbürgermeister lud in das Gasthaus ein. „Der Hirsch gehört zu dieser Stadt und auch zu der Ziegelstraße“, sagt der Stadtrat.
Im Juni reichte Axel Finkelnburg einen weiteren Antrag ein – mit den Unterschriften von sechs Stadträten von FDP, CDU und den Linken. Das Thema sollte auf die Tagesordnung gesetzt werden, lautet die Forderung. Als Antwort von der Verwaltung bekamen sie in der Sitzung zu hören, dass Brandschutz, Küchen-, Kühl- und Lüftungstechnik erneuert werden müssten, um das Lokal verpachten zu können. Das angekündigte Gutachten zum Sanierungsbedarf liegt noch nicht vor. Mit Hilfe eines Gastronomieberaters soll ein Pächterauswahlverfahren gestartet werden. Denn der Nachfolger der Giffhorns müsse in die Bauarbeiten einbezogen werden, lautet das Argument aus dem Rathaus. Bis zum kommenden März wird der Hirsch jedenfalls nicht wieder öffnen: Nach den Sommerferien bekommt der Gemeinderat erst einmal einen Zeitplan vorgelegt. Die Grünen würden den Hirsch am liebsten aus der Verantwortung der Verwaltung nehmen: Im Herbst hat die Fraktion einen Antrag gestellt, das Gebäude zu verkaufen. Die städtische Tochtergesellschaft Wohnstätten Sindelfingen soll es übernehmen, präzisiert Sabine Mundle. Es passe ins Portfolio, und das Unternehmens kennt sich mit der Instandhaltung von historischen Häusern aus. „Ein Gasthaus ist keine Kernaufgabe einer Stadt“, sagt die Stadträtin.