Gauthier Dance: Teambuilding in der Kochschule
In diesen Tagen zeigt Stuttgart, was für tänzerischen Talente die Stadt besitzt – und wie sehr sie den Tanz feiern kann. Das Theaterhaus mit seiner Gruppe Gauthier Dance veranstaltet das internationale Tanzfestival Colours. Wir von mahlzeit haben mal geschaut, wie in so eine Truppe der Teamspirit kommt – nämlich beim Kochen!
Jörg Ilzhöfer, der Koch, erklärt gerade jungen Frauen, dass sie das Gemüse nicht zu schälen brauchen. Bei Bio-Gemüse stecken in der Schale die wichtigsten Stoffe – und das Gesündeste schnippelt man doch nicht aufwendig weg und wirft es in den Mülleimer. Nebenan llegt Eric Gauthier einem jungen Mann herzlich die Hand auf die Schulter und stellt ihn vor: Maurus Gauthier wird die Truppe nämlich verlassen, für ihn ist dieses gemeinsame Kochen ein Abschied! Gauthier? „Nein, wir sind nicht verwandt“, sagt Eric Gauthier, der diese Frage beantwortet, bevor sie gestellt wurde. Und Maurus Gauthier lacht nur: „Nein, ehrlich, eigentlich ist er mein Vater.“
Die Szene zeigt: Es geht nicht allzu ernst zu, die ganze Truppe ist im Entspannungsmodus. Und in diesem kommt man im Berufsleben ja nicht so oft zusammen. „Wenn in Stuttgart die Show fertig ist, dann gehen die Tänzer natürlich nach Hause“, sagt Eric Gauthier, der Chef. Und natürlich seien auch bei so einer Anhäufung von Kreativen nicht alle die besten Kumpel. Aber beim Kochen sei plötzlich alles anders. „Am Herd gibt es keine Hierarchie“, sagt Eric Gauthier. Da schnippeln alle, auch die Mädels aus dem Büro sind dabei, so richtig eine Ahnung hat niemand.
Das weiß Jörg Ilzhöfer, der im obersten Stock von Tritschler seine Kochschule betreibt. Er traf sich schon in Esslingen mit den Ballett-Tänzern. Deshalb fragt er am Anfang auch ganz entspannt in die Runde: „Heute machen wir eingemachtes Kalbfleisch. Kennt das jemand von euch?“ Die Gesichter, die ihn fragend anschauen kommen aus Spanien, Frankreich oder Brasilien, aus Belgien oder Portugal. Natürlich wissen sie nichts von der schwäbischen Spezialität. Da meldet sich plötzlich der vermeintliche Sohn des Chefs: „Ich!“ Maurus Gauthier kommt aus der Schweiz, die Nachbarn kennen das eingemachte Kalbfleisch.
Später stehen die Tänzerinnen und Tänzer am Herd. Schnippeln das Gemüse für das Ofengemüse, das es gibt. Sie lernen, dass man die Zwiebel mit Schale anbrät, weil das für die Brühe der Tom Kha Gai-Suppe eine schönere Farbe bringt. Sie lernen, wie gesagt, dass in der Schale des Gemüses die besten Inhaltsstoffe stecken. Und sie haben vor allem viel Spaß. „Da muss man auch nichts steuern“, sagt Jörg Ilzhöfer, „die steuern das von allein.“ Ein junger Mann kümmert sich derweil um das Fleisch in der Soße, rührt fleißig. Jörg Ilzhöfer, der ihm vorher eine ordentliche Handlungsanleitung gegeben hat, sagt nur: „Ich hab’s noch nie schöner gesehen!“ Maurus Gauthier fagt: „Wie oft sagst du diesen Spruch?“ „Öfter!“
Zustande gekommen ist das Ganze auch auf Initiative der Metzger-Stiftung. Die Metzgers sind eine Familie aus Esslingen, die ihr Geld mit Immobilien verdient hat, unter anderem waren sie eines der ersten Unternehmen, das ein sogenanntes Boardinghouse gegründet hat – nach Vorbildern aus den Vereinigten Staaten. Im Prinzip sind das Appartements für Geschäftsreisende, die sich auch mal länger an einem Ort aufhalten und dies nicht unbedingt in einem Hotel tun wollen. Die künstlerische Ader zeigte die Familie schon hier: Die Ausstattung sei immer bewusst hochwertig im Bauhaus-Stil gewesen, sagt Herbert Metzger, denn wie man wisse: Schicke Sachen werden weniger strapaziert wie Dinge, die ohnehin schon leicht abgeschabbert wirken.
Mit diesem Hintergrund stellte die Firma damals auch Jörg Ilzhöfer als Koch ein. Und so bestehen auch heute noch die Kontakte. Das Faible fürs Ballett, für das sich die Stiftung der Familie einsetzt, komme von seiner verstorbenen Frau, sagt Herbert Metzger. Aber er habe ihr versprochen, dieses weiter zu pflegen, so schließt sich also der Kreis. Inzwischen, das merkt man beim Kochen gut, hat sich eine echte Freundschaft entwickelt, Herbert Metzger umarmt alle Tänzer bei der Begrüßung. „Wir machen das nun ja schon seit mehreren Jahren, sie unterstützen uns auch sonst sehr gut“, sagt Eric Gauthier, „man kann auf jeden Fall sagen, dass das hier eine wirkliche gute Sache ist.“