Restauranttest: Legende 2.0 – das Schlampazius ist zurück

Der Osten hat seine Institution zurück! Nach der Sanierung wurde die Traditionskneipe Schlampazius im ­Osten wiedereröffnet – und das ist gut so. Im neuen Gewand gibt’s nun nämlich auch eine gute Küche – und ein überragendes Ambiente, wie unser mahlzeit-Kritiker findet.

Wenn man die, zugegeben nicht ganze neue, Behauptung liest, dass das Auge mitisst, denkt man an fein angerichtete Speisen. Im neuen Schlampazius isst das Auge gewissermaßen schon mit, wenn man das Lokal ­betritt. Die Erinnerung an die legendäre ­Szenekneipe in Ostheim ist leicht verschwommen, was nicht nur daran liegt, dass damals noch Rauchschwaden durchs Lokal zogen. Es könnte auch damit zu haben, dass es schon ein paar Jahre her ist, seit man das letzte Mal hier war.

Schon auf den ersten Blick wird klar, dass Mora Fütterer, Micha Rieger und Sebastian Heitzmann, die neuen Betreiber, unglaublich viel Herzblut in die Renovierung gesteckt haben müssen. Was zu erhalten war, wurde in dem denkmalgeschützten Gebäude erhalten – etwa die hölzerne Eckbank, die dunkel erstrahlt, die Holzvertäfelung dahinter hat einen taubenblauen Anstrich bekommen. Neue Accessoires wie eine ­Lampe aus Musikkassetten kamen hinzu. Kurzum, das Schlampazius gehört zu jener Sorte Gasthäusern, in denen man sich sofort heimisch fühlt.

Dazu trägt auch die freundliche Bedienung bei, die, als wir uns zum Hauptgang für einen mit Maronen gefüllten Kartoffelkloß in Pilzrahmsoße mit Apfel-Rotkohl (12,50 Euro) entscheiden, zustimmend nickt: Der sei sehr zu empfehlen, den hätte sie auch schon gegessen. Die süßliche Maronenfüllung passt gut zu dem säuerlichen Kraut. Ein feines Herbstgericht, das es ­freilich nicht immer im Schlampazius gibt: Küchenchefin Fütterer legt Wert auf eine übersichtliche, wöchentliche wechselnde Speisekarte mit zumeist lokal verwurzelten Gerichten – bei der auch (siehe Knödel) Vegetarier fündig werden.

Wenn man einen Steinwurf weg von Gaisburg tafelt, kommt man um einen Gaisburger Marsch nicht herum. Das Traditionsgericht gibt es als kleine (4,50 Euro) und große Portion (8,50 Euro). Wir nehmen als Vorspeise mit der Miniaturausgabe vorlieb. Das Rindfleisch hat Biss, die Suppe ist würzig – hätten noch ein paar Spätzle mehr in der Tasse Platz gefunden, wäre der Gaisburger Marsch perfekt gewesen.

Bei unserem Besuch ging es hoch her; das war wohl der Grund, weshalb Vorspeise und Hauptgericht zeitgleich serviert wurden. Aber da drückt man gern eine Auge zu, ­zumal bei so einem netten Service. Schöne Atmosphäre, gute Küche – es spricht nichts dagegen, dass hier was Legendäres entsteht.

Schlampazius
Wagenburgstraße 147, Stuttgart-Ost
Telefon 07 11/50 44 89 92.
Tischreservierung nicht möglich.
Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag geöffnet von 17 bis 1 Uhr; Freitag und Samstag bis 3 Uhr; Sonntag bis 24 Uhr. In der warmen Jahreszeit wird auch ein Biergarten bewirtet.

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